Niederländisch – Grundfakten über die Sprache

Obsah

Begriffe und Bezeichnungen

  • ABN/AN (Algemeen (Beschaafd) Nederlands) – die heutige normierte niederländische Hochsprache
  • Afrikaans – westgermanische Sprache im Süden Afrikas, entstanden auf Basis des Niederländischen
  • Dialektkontinuum – fließender Übergang zwischen den Dialekten zweier Sprachen
  • Dietsch – niederländische Schriftsprache des 13. Jahrhunderts auf Grundlage der limburgisch-brabantischen Dialekte, daraus entstand die englische Bezeichnung des Niederländischen „dutch“
  • Flämisch (Vlaams) – im Norden Belgiens benutzte Variante des Niederländischen;  2) zusammenfassende Bezeichnung der Dialekte, die auf dem Gebiet der belgischen Provinzen Ost- und Westflandern, des Französisch-Flandern im Norden Frankreichs und Seeländisch Flandern im Süden der Niederlande gesprochen werden.
  • Flämische Bewegung (Vlaamse beweging) – Bewegung in Belgien, strebte das Ziel der Gleichstellung des Flämischen mit dem Französischen an
  • Holländisch (Hollands) – 1) Bezeichnung der auf dem Gebiet der Niederlande oder aber der heutigen Provinzen Noord- und Zuid-Holland benutzten Sprache; 2) umgangssprachliche Bezeichnung des Niederländischen als Gesamten; 3) zusammenfassende Bezeichnung des Afrikaans und Niederländischen in den südafrikanischen Verfassungen 1910–1984
  • Kreolisierte Sprache – Muttersprache einer Bevölkerungsgruppe, entstanden durch eine starke Vereinfachung einer anderen Sprache
  • Niederländisch (Nederlands) – offizielle Bezeichnung der westgermanischen Sprache im Königreich Niederlande, Belgien und in Suriname
  • Sprachgrenze (Taalgrens) – in Belgien gesetzlich festgelegte Grenze der niederländisch- und französischsprachigen Gebiete südlich der Städtelinie Menen – Ronse – Geraadsbergen – Halle – Overijse – Tienen – Tongeren – Voeren
  • Sprachunion (Nederlandse Taalunie) – auf der Regierungsebene zwischen Aruba, Belgien (Flandern), Curaçao, den Niederlanden, Suriname und Sint Maarten vereinbarte Zusammenarbeit in Bereichen Sprachpolitik und Schulwesen
  • Statenvertaling – traditionelle niederländische Bibelübersetzung (1637)
  • Wallonisch (Waals; fr. wallon) – 1) galloromanischer Dialekt im größeren Teil Südbelgiens, wo er neben dem Champenois, Lothringischen, Luxemburgischen und Pikardischen eine Regionalsprache ist; 2) Bezeichnung für die französische Sprache der romanischen Bevölkerung Belgiens (Wallonen)

Sprachgebiet

  •  Mutter- oder Kultursprache von ca. 25 Mio. Menschen weltweit

Evropa

  • Königreich Niederlande (16,4 Mio. Sprecher) – Amtssprache, erste Landessprache neben dem regional begrenzten Friesischen
  • Königreich Belgien: Flämische Gemeinschaft – Flämische Region und Region Brüssel-Hauptstadt (zus. 4,6 Mio. Sprecher – ca. 60 % der belgischen Bevölkerung) – Amtssprache, Landessprache neben dem Französischen und Deutschen
  • Nordfrankreich (80 Tsd.) – Departement Nord-Pas-de-Calais: flämisch sprechende Minderheit

Übersee

(ca. 5 Mio. Sprecher):

  • Aruba (5,3 Tsd. Sprecher) – Amtssprache
  • Karibische Niederlande, Curaçao, Sint Maarten (4 Tsd. Sprecher) – Amtssprache
  • Suriname (200 Tsd. Sprecher) – Amtssprache
  • Indonesische Republik – Kultursprache
  • Kalimantan (Borneo) – indonesischer Teil der Insel – Kultursprache
  • West-Irian (Neu-Guinea) – indonesischer Teil der Insel – Kultursprache

Afrika

– Selbstständige Tochtersprache: Afrikaans (s. w. u.)

  • Südafrika – Niederländisch de iure bis 1984 Amtssprache
  • Namibia

Sprachgeschichte

Entstehung der Sprache bis zur Teilung der Gebiets

  • Entstanden aus der niederfränkischen Mundart (Dialektkontinuum zwischen deutschen und niederländischen Dialekten, s. Deutsch – Grundfakten über die Sprache)
  • Älteste Sprachdenkmäler: Namen, einige Glossen
  • 12. Jh. – Handschriftenfragmente
  • Dichtersprache auf Grundlage der limburgisch-brabantischen Dialekte: Heinrich von Veldeke
  • 1240 – erste amtliche Dokumente (Gent und Umgebung)
  • 13. Jh. – Urkunden (Flandern, Seeland, Holland, Brabant, Utrecht)
  • Schriftsprache auf Grundlage der flandrisch-brabantischen Dialekte (= dietsch/duitsch/duytsch): Jacob Van Maerlant
  • 14. Jh. – Verdrängung des Lateinischen im Osten und Norden
  • Vereinheitlichungstendenzen, doch große geografische Unterschiede
  • 15.–16. Jh. kultureller Schwerpunkt Brabant (Süden)
  • 1584 – erste Grammatik
  • 16. Jh. – Teilung der Niederlande (1581), kultureller Schwerpunkt verlagert sich nach Norden (Holland)

17.–19. Jh. Norden (heute Niederlande):

  •  17. Jh. – »Goldenes Jahrhundert« der Literatur (P. C. Hooft, Joost van den Vondel)
  • Gesprochene Sprache der Oberschicht in Amsterdam und Den Haag als sprachliches Vorbild, Entstehung einer einheitlichen Sprachnorm auf Basis der holländischen Dialekte (= Holländisch): Joost van den Vondel
  • 1626–1637 – offizielle Bibelübersetzung Statenvertaling
  • 18. Jh. – engere Eingrenzung der Sprachnorm
  • 19. Jh. – weitgehende Verdrängung der Dialekte

17.–19. Jh. Süden (heute Belgien – Flandern):

  • Kulturell zurückgeblieben
  • Französisierung der Oberschicht
  • Gesprochene Sprache nur als Dialekt
  • 1815–1831 kurze Wiedervereinigung der Niederlande – Grundlage für die Flämische Bewegung
  • 1873 – Durchsetzung des Niederländischen als Gerichtssprache
  • Seit spätem 19. Jh. – Flandern als geschlossenes Sprachgebiet

Niederländisch im 20.–21. Jh.

  • Verdrängung der Dialekte seit den 60er Jahren
  • 1938 – Niederländisch Amtssprache im Norden Belgiens
  • 1962 – gesetzliche Festlegung der Sprachgrenze in Belgien
  • 1980 – Gründung der Sprachunion (Nederlandse Taalunie) zwischen Belgien und den Niederlanden
  • 1996 – Rechtschreibreform
  • 2004 – Suriname der Sprachunion beigetreten
  • 2006 – Rechtschreibänderungen
  • 2008 – Aruba und die damaligen Niederländischen Antillen der Sprachunion beigetreten

Afrikaans

(Kapholländisch)

  • Kreolisierte Form des Niederländischen
  • Amtssprache in Südafrika (seit 1925), National- und Verkehrssprache in Namibia
  • Südafrika: Muttersprache von 60 % der weißen Bevölkerung und 90 % der Mischlinge (zus. ca. 4,8 Mio. Menschen), zweite Sprache für 10,3 Mio. der schwarzen Bevölkerung
  • Namibia: 89,9 Tsd., Sambia: 41 Tsd., Botswana: 20 Tsd., Swasiland: 13 Tsd. Sprecher
  • Basis bildeten die niederländischen Dialekte des 17. Jh. (West-Brabant, Zeeland, Südholland)
  • Einfluss von Bantu- und Khoisansprachen, Deutsch, Portugiesisch, Englisch, Malaiisch
  • Vereinfachung der Grammatik, Reduktion der Morphologie
  • 70er Jahre des 19. Jh. – erste Bemühungen um sprachliche Norm und Literatur
  • 1917 – Grammatik mit Rechtschreibwörterbuch
  • 1925 – Sprachgesetz legt fest, dass die Bezeichnung Niederländisch („Hollands“) das Afrikaans mit einbezieht, das dadurch neben dem Englischen zur Amtssprache der Südafrikanischen Union wird
  • 1976 – Afrikaans wird unter Protesten als Unterrichtssprache der schwarzen Bevölkerung eingeführt
  • 1984 – neue Verfassung bezeichnet als Amtssprachen Südafrikas nur noch Englisch und Afrikaans (ohne Niederländisch)
  • 1994 – in der neuen südafrikanischen Verfassung Afrikaans eine der 11 Amtssprachen des Landes
  • Seit Mitte der 1990er Jahre – mehr farbige als weiße Sprecher